SEIN LEBEN

Bruno Taut

Bruno Taut wurde am 4. Mai 1880 als Sohn eines Kaufmanns im ehemals preußischen Königsberg geboren. 1897 verließ er das Gymnasium und besuchte die Baugewerbsschule in seiner Heimatstadt, die er nach drei Semestern erfolgreich abschloss. Anschließend arbeitete er in Hamburg und Wiesbaden bei unbedeutenden Architekten.

„Seid friedfertig! Ihr könnt alle gut leben, gut gebildet sein und Frieden haben.“

Bruno Taut, 19161903 arbeitete Taut in Berlin in Büros des erfolgreichen Bruno Möhring, der als Spezialist der neusten Bautechnik galt. Er hielt Stahl und Stein für die entscheidenden Elemente der kommenden Baukunst. Das nachhaltigste künstlerische Erlebnis fand Taut jedoch nicht in Möhrings Architektur, sondern in der japanischen Holzschnitzkunst. In dieser Zeit entdeckte Taut seine künstlerischen Regungen und seine Vorliebe zur Malerei. Er hatte eine ausgesprochene Vorliebe für Farben. Taut engagierte sich im Jugendstil und im Expressionismus.

1904 ging er nach Stuttgart und arbeitete bei Theodor Fischer. Hier konnte Taut seine Fähigkeiten erweitern und ausbauen. Er beteiligte sich an vielen Wettbewerben und erhielt seinen ersten Auftrag, die Renovierung der Dorfkirche von Unteriexingen in Württemberg.

1908 kehrte Taut nach Berlin zurück. Er erhielt von Fischer Aufträge für Entwürfe für verschiedene farbige Ausgestaltungen von Gebäuden, so z.B. der Universität Jena. Durch städtebauliche Vorlesungen von Theodor Goecke mag Taut mit den brennend gewordenen Problemen des Wohnungs- und Städtebaus bekannt geworden sein. In diesem Jahr konnte Taut sein erstes Bauwerk, das Turbinenhaus der Hartkortwerke, errichten. In der Zeit von 1910-1913 konnte er im Berliner Westen fünfgeschossige bürgerliche Miethäuser errichten. Er nahm wieder an Wettbewerben teil, die ihm teilweise Preise einbrachten. Es folgten weitere Bauten in Berlin und Magdeburg.

Bruno Taut1912 gestaltet Taut mehrere Siedlungen in Magdeburg farbig. Dies löste eine Welle der Auseinandersetzung über die Farbe in der Architektur aus. In den Vorkriegsjahren geriet Taut immer mehr in den Bann der antibürgerlichen und antitraditionellen Bewegungen. In der Architektur ging er neuen Ideen nach und verwirklichte diese zuerst an Ausstellungsgebäuden, z.B. am Pavillon der Stahlindustrie in Leipzig.Er wurde Mitglied des „Deutschen Werkbundes“ und hatte Kontakte zu bedeutenden Künstlern und Architekten, z.B. Adolf Behme, Walter Gropius, Paul Scheerbart, sie alle trafen sich in der Galerie „Der Sturm“.Ausstellungen, die hier stattfanden, beeinflussten seine Vorstellung über künftige Architektur nachhaltig. Er wandte sich dem Wohnungsbau für den werktätigen Menschen zu.

1914 schuf er den Pavillon der Glasindustrie für die Werkbundausstellung in Köln.Taut war überzeugter Atheist. Durch Täuschungsmanöver gelang es ihm , dem Militärdienst zu entgehen. Er war nie Soldat.

Taut wollte dem gewaltigen Einsatz der Technik auf den Schlachtfeldern ein Friedensziel entgegensetzen. Er verfasste Skizzen für riesige Friedensmäler. Zum Beispiel schlug er vor, die Bergspitzen und Schluchten der Alpen vom Monte Rosa bis zum Laguner See mit riesigen Konstruktionen aus Stahl, Beton und farbigem Glas zu überbauen. In seinen vielfältigen Schriften beschwor er die Leser:

„Seid friedfertig! Ihr könnt alle gut leben, gut gebildet sein und Frieden haben.“

Nach Kriegsende und der gescheiterten Novemberrevolution wurde er Mitglied der Novembergruppe, die sich jedoch als wenig arbeitsfähig erwies. Er war Mitbegründer des Arbeitsrates für Kunst und Wortführer im Kampf gegen das kapitalistische Denken in der Architekturorganisation. Das Band zur Arbeiterklasse wurde immer enger. Er veranlasste seine engsten Gesinnungsfreunde zu einem internen schöpferischen Briefwechsel, der als „gläserne Kette“ bekannt wurde.

1921 wurde Taut in das Amt des Stadtbaurats in Magdeburg berufen. Nach Jahren des Theoretisierens und der Aufrufe begann nun eine äußerst praktische Tätigkeit.Mit Hilfe von Farbe gelang es ihm, der Stadt ein lebensfrohes Aussehen zu geben. Der Strom der neugierigen Besucher riss nicht ab. Aber nur eine große Stahlbetonhalle konnte er wirklich bauen.

1924 – 1931 Die Herausbildung der neuen Form auf der Höhe seines Schaffens.

1924 kehrte er abermals nach Berlin zurück. Innerhalb von sieben Jahren konnte er hier mehr als 10000 Wohnungen bauen. Grundrisse wurden typisiert und weitestgehend genormte Bauteile benutzt. Er wurde einer der Pioniere des modernen Kleinwohnungsbaus, der 1923 als „Zweckbau“ charakterisiert und allgemein als „Neues Bauen“ bezeichnet wurde. In die Geschichte ging sein moderner Kleinwohnungsbau schließlich als „Funktionalismus“ ein. Er schuf die stark farbigen Berliner Wohnanlagen, die ihn in aller Welt berühmt machten: die Großstadtsiedlung Britz, dann die Waldsiedlung Zehlendorf, später die sogenannte Wohnstadt im Bezirk Prenzlauer Berg. In diesen Jahren, die der Höhepunkt seines Schaffens waren, fühlte er sich vom Geist und der Kraft der Arbeiterbewegung getragen.

Hufsiedl

Der Sowjetunion brachte er großes Interesse entgegen und deren Aufbau – das sich noch formierende, aber Zukunftsträchtige – zog ihn besonders stark an.

1930 wurde er zum Professor an die TH Berlin berufen.

1931 wurde er neben Erich Mendelsohn, Ludwig Mies van der Rohe und Martin Wagner Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. Im gleichen Jahr wurde er Ehrenmitglied des American Institute of Architects. Die sieben fetten Jahre fanden damit jedoch ihr Ende. Die Auswirkungen der seit 1929 größten Wirtschaftkrise der Geschichte machten sich auch beim staatlichen Wohnungsbauprogramm bemerkbar.

Bruno Taut - GrabsteinIn der Hoffnung, an die schöpferische Phase der letzten Jahre anknüpfen zu können, siedelte Taut 1932 nach Moskau über. Er befand sich jedoch immer mehr in Widerspruch zur Entwicklung der sowjetischen Architektur. Auch hatte er die wirtschaftlichen und technischen Schwierigkeiten dieses rückständigen Landes unterschätzt. Im Februar 1932 kehrte er nach Berlin zurück, musste jedoch schon im März 1932 vor den Nazis flüchten, da er als führender „Kulturbolschewist“ verhaftet werden sollte. Seine Professur wurde ihm entzogen, die Mitgliedschaft in der Akademie der Künste gekündigt und schließlich verurteilte ihn ein Berliner Gericht zu 23000 Mark Reichsfluchtsteuer. Am 10. März 1932 verließ er Deutschland und nahm eine Einladung des japanischen Archtektenverbandes zu einer Vortragsreise an. Aus den geplanten Vorträgen wurde eine dreijährige Arbeit. Etwas zu bauen war ihm jedoch in Japan nicht vergönnt. Gegen Ende seines Japanaufenthalts beschäftigte er sich wieder mit der Weiterentwicklung des neuen Bauens. Seine Erfahrungen legte er in einer praxisnahen Architekturtheorie nieder, die erstmals 1938 in Istanbul in türkischer Sprache erschienen war.

1936 bot sich in der Türkei ein neues Asyl. Er wurde als Professor der Architekturabteilung an der Akademie der Künste in Istanbul berufen. Hier war er nun wieder Architekt. Er schuf eine Reihe Entwürfe vorwiegend für Schulbauten.

1938 veranstaltete die türkische Akademie der Künste eine Ausstellung über sein gesamtes Schaffen. Es war die letzte, die er erlebte. Harte Arbeit und zermürbende klimatische Bedingungen hatten an seinen Kräften gezehrt. Von seiner Architekturlehre sah er nur noch die Druckfahnen.

Am 24. Dezember 1938 starb er nach einem schweren Anfall seines langjährigen Asthmaleidens.
Bruno Taut wurde als einziger Europäer auf dem Friedhof Edirne Kapi in Istanbul begraben.